Noch immer bestehen in den Ausbildungs- und Berufsverläufen junger Erwachsener in der Schweiz erhebliche Geschlechterungleichheiten. Wie sind diese zu erklären? Welche Faktoren und Mechanismen spielen dabei eine Rolle? Und wo lässt sich inzwischen ein Wandel feststellen?
Trotz vieler Bemühungen verlaufen die Ausbildungs- und Berufsbiografien von Jugendlichen in der Schweiz im Vergleich zu anderen europäischen Ländern noch immer sehr geschlechtstypisch: Männer werden selten Primarlehrer und nur wenige Frauen Chefin einer Grossbank. Frauen wie Männer sind in ihren Möglichkeiten stark eingeschränkt und können ihr Potenzial nicht ausschöpfen. Zudem verfestigen diese Ungleichheiten die traditionelle Arbeitsteilung in der Familie. Bislang fehlen ausreichende Erkenntnisse über die Ursachen dieses Verharrens in alten Mustern, aber auch über den Wandel.
Ziel des Projekts ist, diese Ungleichheiten zwischen Männern und Frauen in den Ausbildungs- und Berufsverläufen unter Berücksichtigung sowohl persönlicher als auch institutioneller Faktoren zu erklären. Dabei steht die Zeit von der Ausbildung bis zur Berufseinmündung im Mittelpunkt der Betrachtungen. Die Forschenden verwenden ein Mixed Methods Design und analysieren quantitative Längsschnittdaten der TREE-Studie, welche seit zehn Jahren den Übergang von der Erstausbildung ins Erwerbsleben verfolgt. In teilnarrativen Interviews befragen die Forschenden 30 Personen mit geschlechtstypischen und -untypischen Biografien. Die Aufmerksamkeit gilt insbesondere dem familiären Hintergrund, persönlichen und institutionellen Erfahrungen sowie den Vorstellungen von Beruf und Familie. Die Erkenntnisse geben den Forschenden auch Aufschluss über den individuellen Geschlechtshabitus der Interviewten.
Der wissenschaftliche Beitrag des Projekts liegt in neuen Einsichten in die komplexen Wechselwirkungen zwischen Elternhaus, Bildungswegen, familiären und beruflichen Lebensentwürfen und Geschlechternormen. Die Erkenntnisse, warum geschlechtsspezifische Unterschiede in Ausbildungs- und Berufsverläufen bestehen bleiben oder sich wandeln, dienen als Grundlage, um Gleichstellungspolitik nachhaltig zu gestalten und ein geschlechtergerechteres Ausbildungs- und Berufssystem zu entwickeln.
Publikationen
Hupka-Brunner, Sandra; Samuel, Robin; Huber, Evéline & Bergman; Manfred M. (2011): Geschlechterungleichheiten im intergenerationalen Bildungstransfer in der Schweiz. In: Hadjar, Andreas (Hrsg.), Geschlechtsspezifische Bildungsungleichheiten. Wiesbaden: VS Verlag für Sozialwissenschaften, S. 77-98.
Maihofer, Andrea (2013): Geschlechterverhältnisse I. Geschlechtersegregation im Beruf. In: UniNova. Wissenschaftsmagazin der Universität Basel,122/2018, S. 37.
Maihofer, Andrea; Bergman, Manfred M.; Huber, Evéline; Hupka-Brunner, Sandra; Kanji, Shireen; Schwiter, Karin & Wehner, Nina (2013): Kontinuität und Wandel von Geschlechterungleichheiten in Ausbildungs- und Berufsverläufen. Schlussbericht zu Handen des Schweizerischen Nationalfonds.
Maihofer, Andrea; Bergman, Manfred M.; Huber, Evéline; Hupka-Brunner, Sandra; Kanji, Shireen; Schwiter, Karin & Wehner, Nina (2012): Kontinuität und Wandel von Geschlechterungleichheiten in Ausbildungs- und Berufsverläufen junger Erwachsener in der Schweiz. Zwischenbericht zum Forschungsprojekt zu Handen des Schweizerischen Nationalfonds.
Maihofer, Andrea; Schwiter, Karin & Wehner, Nina (2012): Geschlechtersegregation. Subtile Mechanismen beeinflussen die Berufswahl. Panorama. Bildung, Beratung, Arbeitsmarkt,5/2012, S. 22-23.
Maihofer, Andrea; Wehner, Nina; Schwiter, Karin & Hupka-Brunner, Sandra (2013): Berufsziel Informatikerin oder Pflegefachmann? Geschlechtersegregation in Ausbildungs- und Berufsverläufen in der Schweiz. In: Erziehungsdepartement des Kantons Basel-Stadt (Hg.): Jahresbericht der Berufsfachschule Basel 2012/2013, S. 20-28.
Schwiter, Karin; Hupka-Brunner, Sandra; Wehner, Nina; Huber, Evéline, Kanji, Shireen; Maihofer, Andrea & Bergman, Manfred M. (2014): Warum sind Pflegefachmänner und Elektrikerinnen nach wie vor selten? Geschlechtersegregation in Ausbildungs- und Berufsverläufen junger Erwachsener in der Schweiz. Schweizerische Zeitschrift für Soziologie, 40(3), S. 401-428.
Schwiter, Karin (2013): Mechanismen der Sortierung. Forum - Zeitschrift der FachFrauen Umwelt, 3/2013, S. 3-4.
Schwiter, Karin; Wehner, Nina; Maihofer, Andrea & Huber, Evéline (2011): Zur Hartnäckigkeit geschlechtssegregierter Ausbildungs- und Berufsverläufe. Konzeptionelle Überlegungen zu einer empirischen Untersuchung. In: femina politica, 14(2), S. 20-32.
Wehner, Nina; Maihofer, Andrea & Schwiter, Karin (2012): Zukunftspläne junger Frauen. Zur Verschränkung von Familiengründung und Berufstätigkeit. Betrifft Mädchen, Deutsche Fachzeitschrift für Mädchenarbeit, 25(4), S. 159-163.
Wehner, Nina; Schwiter Karin, Hupka-Brunner, Sandra & Huber, Evéline (2013): Wer aus der Geschlechterreihe tanzt, ist oft ein Talent. Frauen und Männer in untypischen Berufsfeldern sind überdurchschnittlich talentiert. HR Today - die Fachzeitschrift für HR-Verantwortliche in der Schweiz. 9/2013, S. 40-41.
Wehner, Nina; Schwiter, Karin; Hupka-Brunner, Sandra & Huber, Evéline (2013): Ce que révèle le choix des femmes et des hommes pour des professions atypiques. HR Today - revue spécialisée suisse des ressources humaines, 1/2014.
Projektleitung
Andrea Maihofer
Max Bergman
Sandra Hupka-Brunner
Projektteam
Evéline Huber
Karin Schwiter
Nina Wehner
Robin Samuel
Shireen Kanji
Förderung
NFP60
Projektdauer
08/2010 – 03/2013