Welche Rolle spielt die Liebe?
Individuelle Liebesvorstellungen und Wandel der Geschlechterverhältnisse
Sina Bardill
Die Arbeit geht der Frage nach, wie die Liebe für Geschlechterarrangements bedeutsam sein kann und ob sie tendenziell zu einer Konservierung tradierter Rollen in (heterosexuellen) Zweierbeziehungen führt. Dies wurde im Rahmen des durch den Schweizerischen Nationalfonds geförderten Projektes „Wie wohnen Paare? Wandel, Persistenz und Geschlechterverhältnisse in der Gestaltung, Nutzung und Pflege von Räumen“, unter Leitung von Prof. Andrea Maihofer, untersucht (Nr. 100012-111732). Dabei wurden 38 Paare eines heterogen zusammengesetzten Samples über die Art ihres Zusammenwohnens und die dabei tangierten Beziehungsaspekte befragt.
Die im alltäglichen Verständnis spontan der Liebe zugeordnete Bedeutung hat erstaunlicherweise in der empirischen Paar- und Geschlechter-Forschung bislang wenig Niederschlag gefunden – zu schwierig scheint es, den Komplex Liebe zugänglich und fassbar zu machen. Die Resultate der Untersuchung zeigen nun einerseits eine Vielfältigkeit von individuellen Liebesvorstellungen, die so aufgrund des Forschungsstandes nicht zu erwarten war. Andererseits belegen sie die Tendenz von gegenwärtigen Liebesvorstellungen, in Richtung Wandel der Geschlechterverhältnisse zu wirken. Dies wird an unterschiedlichen thematischen Vertiefungen deutlich gemacht.
Ein weiteres Ergebnis der Untersuchung wird unter dem Stichwort „Paradoxierung“ gefasst: obwohl Liebesvorstellungen insgesamt Richtung Wandel wirken, sind sie Teil eines komplexen, mehrschichtigen Gemenges von Elementen der Persistenz und des Wandels innerhalb von Zweierbeziehungen. Sie lassen für sich allein noch keine Rückschlüsse etwa auf die Art des Arrangements zu. Es wird gezeigt, wie wesentlich für das Verständnis von gegenwärtigen Veränderungsprozessen die Erfassung dieser Vielschichtigkeit ist, jenseits einfacher schematischer Zuweisungen wie „traditionell“ oder „modern“.
Dieses Buch basiert auf einer Promotion an der Universität Basel (2010) und wurde von Prof. Dr. em. Andrea Maihofer und Prof. Dr. em. Ueli Mäder begutachtet.